Sonntag, 20. Januar 2013

Filmkritik : "Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger"


Lange habe ich überlegt, was ich überhaupt zu Ang Lees ("Brokeback Mountain") schreiben soll, denn nach Sichtung des Films saß ich ein wenig ratlos im Kino. Es war aber nicht wegen der angeblichen Tiefgründigkeit, sondern wohl eher, weil ich nicht verstand, was mir der Film sagen soll.
Erst Tage danach habe ich verstanden, was mir Ang Lee sagen wollte und seit diesem Zeitpunkt gehört "Life of Pi" für mich zu den vor allem visuell beeindruckendsten Werken 2012.

Pi Patel (Suraj Sharma) ist der Sohn eines indischen Zoodirektors und begleitet seine Eltern auf einem Ozeandampfer, auf dem auch die Tiere des Tierparks untergebracht sind. Die Familie will samt Zoo nach Amerika auswandern. Während der Reise geraten sie in einen Sturm, in dem das Schiff kentert. Seitdem treibt Pi auf einem Rettungsboot mitten auf dem Ozean dahin. Er hat Schiffbruch erlitten und der einzige Mitüberlebende, mit dem er sich das Rettungsboot teilen muss, ist ein gefährlicher bengalischer Tiger namens Richard Parker. Auf wundersame Weise baut Pi eine unerwartete Verbindung zu dem angsteinflößenden Tier auf und muss seinen gesamten Einfallsreichtum und Mut aufwenden, um Richard Parker zu dressieren und sie beide zu retten. In den 227 Tagen, die der Teenager auf hoher See verweilen muss, stehen ihm einige schicksalhafte Abenteuer und Erlebnisse bevor ... 

Selten hat das Magische und Surreale so viel Anklang bei uns gefunden, wie in Ang Lees neustem Werk. Die Verfilmung des gleichnamigen Buches besticht durch atemberaubende Aufnahmen, die mit viel Liebe zum Detail eine ungeheure Kraft versprühen. Der 3D-Effekt wurde dabei sinnvoll genutzt und ergänzt das Geschehen um eine weitere Ebene. Hier springen den Zuschauer fliegende Fische an, es erschrickt vor dem Tiger, der nebenbei erwähnt wahnsinnig gut animiert wurde und tausende Erdmännchen gucken verschmitzt in die Kamera.

Doch bei aller visueller Brillianz besteht die Schwierigkeit darin, das Ganze mit Inhalt zu füllen. Es geht darum einen namenlosen Autor seinen Glauben an Gott zurückzugeben, doch der Film hält sich nicht stur an einer Religion fest. Unser Hauptcharakter Pi, hatte in seiner Kindheit viele Religion, weil er das Geheimnis von Gott ergründen wollte. Sein Vater, der Rationalist, findet das aber befremdlich und verbietet es ihm. Von diesem Moment an, hat die Welt für Pi die Faszination verloren. Das Transzendente Element wurde ihm genommen und mit ihm ging auch die Freude. Erst auf seiner Reise mit dem Tiger Richard Parker, entdeckt er wieder die Magie, die das Leben bereithält. Soweit zum Grundgedanken, der durchaus überzeugt und zu Herzen rührt, aber nichtsdestotrotz wirken einige Szenen seltsam leer und man mag schon fast sagen effekthascherisch. Im Großen und Ganzen vermittelt der Film aber seine Botschaft mit viel Gefühl und Hingabe.

Gerade diese Hingabe spürt man am Meisten beim Schauspielerneuling Suraj Sharma, der in der Rolle des 17-jährigen Pi zu sehen ist. Sein Spiel wirkt natürlich und glaubhaft, gefühlvoll und durchaus professionell. Diese Tatsache bekommt einen höheren Stellenwert, wenn man bedenkt, dass Suraj den Tiger, mit dem er agieren soll beim Drehen nicht sehen konnte, ist er doch animiert. Trotzdem löst er dieses Problem mit Bravour und am Ende steht die Katharsis seines Charakters an vorderster Stelle.
Seine Erkenntnis, das auch der Gottglaube Grenzen besitzt und ein Teil Vernunft im Leben nicht schadet, ist die wohl ehrlichste, die man in einem Film der letzten Jahre erleben durfte.

Fazit : "Life of Pi" bringt uns Gott in die Herzen zurück und schildert in visionären, teils etwas leer wirkenden Bildern, eine Parabel über den Gottglauben. Mit unbekannten und dennoch glaubwürdig agierenden Darstellern ist dem ganzen Team eine gelungene und herzerwärmende Literaturverfilmung gelungen.

Bewertung :




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