Samstag, 2. November 2013

Filmkritik : "Prisoners"

Die Nachrichten sind voll von Schmerz und Trauer. Jeden Tag gibt es Meldungen von Mord und Totschlag und mittendrin auch tragische Meldungen über Kindesentführung. Mit einem solchen Szenario wird auch Keller Dover, Hauptprotagonist in Denis Villeneuves Thriller-Drama "Prisoners", konfrontiert und muss sich nun damit zurechtfinden. Villeneuve widmet sich in seinem Film eindringlich den Themen Selbstjustiz und Trauerverarbeitung, was vor allem dank eines exzellenten Drehbuchs für Spannung sorgt. Bei der Inszenierung des ca. 150 Minuten langen Werkes hätte ein wenig mehr Geschwindigkeit allerdings nicht geschadet.

Keller Dover (Hugh Jackman) ist ein bibeltreuer Kriegsveteran. Der harte Kerl steht mit beiden Beinen fest im Leben. Dovers Welt gerät jedoch aus den Fugen, als seine sechsjährige Tochter Anna (Erin Gerasimovich) und deren Freundin Joy an Thanksgiving entführt werden. Es beginnt eine fieberhafte Suche, die von dem jungen und ambitionierten Polizisten Loki (Jake Gyllenhaal) angeführt wird, dessen primäres Ziel es jedoch ist, nach erfolgreichem Abschluss der Ermittlungen endlich der Kleinstadt zu entfliehen und in eine Großstadt versetzt zu werden. Doch alle Spuren im Entführungsfall verlaufen im Nichts. Auch den einzigen Verdächtigen, den geistig zurückgebliebenen Alex Jones (Paul Dano), muss Loki aus Mangel an Beweisen wieder laufen lassen. Familienvater Dover fasst daraufhin einen folgenschweren Entschluss: Er will die Wahrheit auf eigene Faust herausfinden und begibt sich auf einen verhängnisvollen und gnadenlosen Weg der Selbstjustiz, um die beiden kleinen Mädchen vielleicht doch noch zu finden.

"Prisoners" erfreut sich seit seinem Kinostart vor einigen Wochen an zahlreichen Besuchern, was sicherlich nicht von ungefähr kommt, denn um es kurz zu sagen : Das zugrunde liegende Drehbuch ist ein Meisterwerk. Der Film vereint einerseits anspruchsvolles Drama, mit einem intelligenten Detektiv-Thriller ala "Zodiac". Dabei sind vor allem die Szenen am interessantesten, in denen der Regisseur unangenehme Fragen aufwirft. Ich denke jeder von uns hatte schon den ein oder anderen Gedanken daran verschwendet, was man tun würde, wenn die eigenen Kinder Opfer eines Sexualstraftäters oder ähnlichem werden würden. In jedem von uns steckt der Sinn nach Gerechtigkeit, doch jeder geht auch anders damit um. Genau diese verschiedenen Perspektiven auf das Thema werden von den vier Elternteilen der entführten Kindern verkörpert. Zwar ist Keller Dover der einzige Charakter, der seine Überzeugung der Selbstjustiz nuanziert verkörpert, während die anderen Drei weitestgehend die Klischees bedienen, aber nichtsdestotrotz baut sich durch diese  geschickte Beobachtung eine Menge Spannung auf.

Zudem gestaltet sich der Entführungsfall als weitaus komplexer als gedacht. Ständig ertappt man sich als Zuschauer dabei, wie man Personen verdächtigt, die sich im Nachhinein als unschuldig herausstellen, aber dennoch irgendetwas mit dem Fall zu tun haben. "Prisoners" baut seine Handlung dabei sehr geschickt auf und hinterlässt trotz seiner Irrungen und Wirrungen nie das Gefühl unlogisch oder unglaubwürdig zu sein. Allerdings muss man zugeben, dass die Geschichte trotz ihrer Komplexität sehr langatmig präsentiert wird. Zwar sind die starren Kameraeinstellungen ein sinnvolles Stilmittel, aber in einigen Situationen nervt die gedehnte Darstellung. Oftmals möchte man den Charakteren zuschreien, um ihnen zu sagen, dass sie sich doch endlich bewegen sollen. In diesen Momenten stört die bedächtige Inszenierung, die dem Film die Geschwindigkeit raubt, auch wenn die düstere Lichtstimmung sehr überzeugend die innere Gefühlswelt der Betroffenen darstellt.

Diese Betroffenen werden hervorragend von zahlreichen Hollywoodstars verkörpert. Am Markantesten sind dabei natürlich Hugh Jackman als trauernder und nicht ganz rechtmäßig handelnder Keller Dover und Jake Gyllenhaal als Polizist Loki, der von seinem eigenen Fall von Minute zu Minute mehr und mehr mitgenommen wird. Außerdem entdeckt man in den Nebenrollen Maria Bello, als trauernde Mutter, die aber aufgrund ihres Charakters eher weniger Akzente setzt, ebenso wie Terrence Howard, der aber immer wieder mit seinem eigenen Gewissen konfrontiert wird.

Fazit : "Prisoners" ist ein anspruchsvolles und perfekt aufgebautes Thrillerdrama mit grandiosen Schauspielern, dem in Sachen Inszenierung allerdings ein wenig mehr Pepp nicht geschadet hätte.

Bewertung :