Sonntag, 20. Januar 2013

Filmkritik : "The Raven - Prophet des Teufels"






Bei all den Blockbustern, die es sich derzeit in den Kinosälen der Welt gemütlich machen, ist es doch beruhigend zu wissen, dass auch der Heimkinomarkt nicht schläft. DvD´s und Blu-Rays finden trotz ansteigender Downloadquote immer noch einen guten Absatz. Grund dafür sind womöglich auch viele Independent-Produktionen, die es leider oftmals nicht in die Kinos schaffen und deswegen als DvD ein Dasein im Regal der hiesigen Händler fristen. Bei vielen Filmen ist das schade, wie z.B. bei "Take Shelter", mit dem grandiosen Michael Shannon. Doch bei einigen Produktionen ist dieses Verfahren durchaus gerechtfertigt. Der in den amerikanischen Kinos komplett gefloppte und nun in Deutschland direkt auf DvD erhältliche "The Raven", vom "V wie Vendetta" - Regisseur James McTeigue, ist ein halbgares Werk, das unentschlossen zwischen Biografie, Splatter und Krimi mäandriert und dabei in keinem Genre wirkliche Akzente setzt.

"The Raven" erzählt von den letzten Tagen im Leben des Schriftstellers Edgar Allan Poe. Eines Tages geschieht ein Mord, der exakt nach den Kurzgeschichten des Autors aufgebaut ist. Fortan liefern sich der Mörder und Poe eine Briefwechsel, in dem Poe nach einer langen kreativen Durststrecke wieder zurück zu seiner alten Kreativität findet....

Mehr möchte ich von Inhalt eigentlich nicht preisgeben, denn im Endeffekt ist die Handlung alles andere als komplex oder abwechslungsreich. Oftmals plätschert sie vor sich hin und wiederholt sich nach einem bestimmten Schema : Jemand wird auf merkwürdige Weise getötet, der Täter schreibt einen Brief, Poe und der Polizist nehmen die Spur auf und der Täter entwischt aber gerade noch so. Dieses Spielchen wiederholt sich solange bis im Finale der große Storytwist einsetzt bzw. einsetzen sollte, denn der finale Schwenker ist alles andere als überraschend und für Filmkenner leicht erahnbar.

Dafür wartet der Streifen allerdings mit einer gelungenen Inszenierung auf. Trotz relativ kleinem Budget (ca. 10 Mio. Dollar) sind die Kulissen schick, die Kostüme herrlich und die Spezialeffekte auf ordentlichem Niveau. Allerdings übertreibt es Regisseur James McTeigue mit den Splattereffekten, die allerdings durchaus Sinn ergeben, denn der Film offenbart den Tod als Quelle der Inspiration von Poe. Sozusagen ist die "Schönheit" am Tod bzw. das Morbide und Düstere daran der treibende Motor des lyrischen Schaffens von Poe, zumindest laut Film. Nachdem Poe (im Film , sein echtes Leben ist mir nämlich nicht allzu geläufig) den Tod seiner Frau überwunden hat, fehlte ihm die Kreativität. Erst als der Mörder sein Spielchen mit ihm spielt, läuft er zu Höchstformen auf. Diese Idee den Tod als Inspirationsquelle anzusehen, findet sich auch in Francis Ford Coppolas wohl persönlichstem Werk "Twixt" , in dem er die Tragik seines Lebens mit dem des berühmten Poe vergleicht.

Im Gegensatz dazu vermisst man aber in "The Raven" die tiefgründige Note. Selbst das titelgebende Gedicht findet sich nur ganz weit am Rande im Film integriert. Vielmehr spult das Werk kurz und knackig die wichtigsten Geschichten ab, um sie mit den Morden zu vergleichen. Man könnte es also auch ein sogenanntes "Best Of Poe" nennen, doch dafür fehlt es auch am biografischen Aspekt. Denn in "The Raven" bleibt Edgar Allan Poe seltsam platt. Als ein wenig hochnäsig, verrückt und auch cholerisch wird er dargestellt. Recht viel mehr erfährt man aber nicht. Ein wenig Hintergrundgeschichte, die auf Poes realem Leben basiert, wäre also wünschenswert gewesen.

Dafür wird man aber mit John Cusack entschädigt, der seinen Schriftsteller herrlich übertrieben verkörpert und somit definitiv zum Spaßfaktor des Streifens beiträgt. Der Rest der Darstellerriege ist dagegen nicht die Rede wert. Schade, denn gerade "Luke Evans" (Die drei Musketiere) versprüht normalerweise einiges an Charisma.

Fazit : Als Gesamtwerk kommt einem "The Raven" ein wenig, wie der kleine Bruder von "Sleepy Hollow" vor, nur mit dem Unterschied, dass ihm die Kreativität und spannende Handlung des Burton-Meisterwerks fehlt. Ebenfalls schade ist es, dass die historische Figur Poe hier nur als etwas platte Figur in einem leidlich spannenden Krimi mit viel Blut und Splatter agiert. Die wenigen Trümpfe die der Film zu bieten hat, finden sich aber wenigstens bei den Schauwerten und dem herrlich übertrieben spielenden John Cusack.

Bewertung :
 

Filmkritik : "Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger"


Lange habe ich überlegt, was ich überhaupt zu Ang Lees ("Brokeback Mountain") schreiben soll, denn nach Sichtung des Films saß ich ein wenig ratlos im Kino. Es war aber nicht wegen der angeblichen Tiefgründigkeit, sondern wohl eher, weil ich nicht verstand, was mir der Film sagen soll.
Erst Tage danach habe ich verstanden, was mir Ang Lee sagen wollte und seit diesem Zeitpunkt gehört "Life of Pi" für mich zu den vor allem visuell beeindruckendsten Werken 2012.

Pi Patel (Suraj Sharma) ist der Sohn eines indischen Zoodirektors und begleitet seine Eltern auf einem Ozeandampfer, auf dem auch die Tiere des Tierparks untergebracht sind. Die Familie will samt Zoo nach Amerika auswandern. Während der Reise geraten sie in einen Sturm, in dem das Schiff kentert. Seitdem treibt Pi auf einem Rettungsboot mitten auf dem Ozean dahin. Er hat Schiffbruch erlitten und der einzige Mitüberlebende, mit dem er sich das Rettungsboot teilen muss, ist ein gefährlicher bengalischer Tiger namens Richard Parker. Auf wundersame Weise baut Pi eine unerwartete Verbindung zu dem angsteinflößenden Tier auf und muss seinen gesamten Einfallsreichtum und Mut aufwenden, um Richard Parker zu dressieren und sie beide zu retten. In den 227 Tagen, die der Teenager auf hoher See verweilen muss, stehen ihm einige schicksalhafte Abenteuer und Erlebnisse bevor ... 

Selten hat das Magische und Surreale so viel Anklang bei uns gefunden, wie in Ang Lees neustem Werk. Die Verfilmung des gleichnamigen Buches besticht durch atemberaubende Aufnahmen, die mit viel Liebe zum Detail eine ungeheure Kraft versprühen. Der 3D-Effekt wurde dabei sinnvoll genutzt und ergänzt das Geschehen um eine weitere Ebene. Hier springen den Zuschauer fliegende Fische an, es erschrickt vor dem Tiger, der nebenbei erwähnt wahnsinnig gut animiert wurde und tausende Erdmännchen gucken verschmitzt in die Kamera.

Doch bei aller visueller Brillianz besteht die Schwierigkeit darin, das Ganze mit Inhalt zu füllen. Es geht darum einen namenlosen Autor seinen Glauben an Gott zurückzugeben, doch der Film hält sich nicht stur an einer Religion fest. Unser Hauptcharakter Pi, hatte in seiner Kindheit viele Religion, weil er das Geheimnis von Gott ergründen wollte. Sein Vater, der Rationalist, findet das aber befremdlich und verbietet es ihm. Von diesem Moment an, hat die Welt für Pi die Faszination verloren. Das Transzendente Element wurde ihm genommen und mit ihm ging auch die Freude. Erst auf seiner Reise mit dem Tiger Richard Parker, entdeckt er wieder die Magie, die das Leben bereithält. Soweit zum Grundgedanken, der durchaus überzeugt und zu Herzen rührt, aber nichtsdestotrotz wirken einige Szenen seltsam leer und man mag schon fast sagen effekthascherisch. Im Großen und Ganzen vermittelt der Film aber seine Botschaft mit viel Gefühl und Hingabe.

Gerade diese Hingabe spürt man am Meisten beim Schauspielerneuling Suraj Sharma, der in der Rolle des 17-jährigen Pi zu sehen ist. Sein Spiel wirkt natürlich und glaubhaft, gefühlvoll und durchaus professionell. Diese Tatsache bekommt einen höheren Stellenwert, wenn man bedenkt, dass Suraj den Tiger, mit dem er agieren soll beim Drehen nicht sehen konnte, ist er doch animiert. Trotzdem löst er dieses Problem mit Bravour und am Ende steht die Katharsis seines Charakters an vorderster Stelle.
Seine Erkenntnis, das auch der Gottglaube Grenzen besitzt und ein Teil Vernunft im Leben nicht schadet, ist die wohl ehrlichste, die man in einem Film der letzten Jahre erleben durfte.

Fazit : "Life of Pi" bringt uns Gott in die Herzen zurück und schildert in visionären, teils etwas leer wirkenden Bildern, eine Parabel über den Gottglauben. Mit unbekannten und dennoch glaubwürdig agierenden Darstellern ist dem ganzen Team eine gelungene und herzerwärmende Literaturverfilmung gelungen.

Bewertung :