Dienstag, 12. März 2013

Game-Review : "Tomb Raider"

Rund 2 Jahre nach Abschluss der meisterhaften "Uncharted" - Trilogie, blieb es für lange Zeit ruhig im eher verrufenen Genre der Action-Adventures. Doch mit einem Paukenschlag kehrt eine alte Bekannte in neuem Gewand zurück aus der Versenkung. Nachdem der letzte Teil "Lara Croft : Underworld" der Abschluss der "Legend" - Trilogie war und sich spielerisch noch sehr an die alten Spiele klammerte, löst sich das neue, schlicht "Tomb Raider" betitelte Spiel aus seinem engen Korsett und zaubert einen spaßigen Action-Survival-Blockbuster auf die PC-Monitore.
Was noch vom alten Flair übrig ist und ob "Tomb Raider" durchgehend zu fesseln vermag, lesen Sie im Folgenden.



Gestrandet

Zwar handelt es sich hier nicht um ein RPG der Spieleschmiede "Piranha Bytes", aber nichtsdestotrotz startet der neue Teil der Serie mit dem Schiffbruch der "Endurance". Ein Forschungsschiff, mit dem Lara und ein Team von fähigen Archäologen und Fernsehmenschen, das Geheimnis von Yamatai ergründen wollen. Diese Insel war laut Lara Heimat der Sonnenkönigin Himiko, deren Geheimnis es über die komplette Spielzeit von rund 15h herauszufinden gilt.
Nachdem man sich mit letzter Kraft aus dem Meer zieht, wird Lara von Unbekannten niedergeschlagen und verschleppt.
Bereits hier zeigt sich die tolle Grafik des neuen Spiels. Die Cutscenes, die in Spielegrafik erscheinen, zeigen eine detaillierte Spielwelt mit wunderbar scharfen Texturen.
Auch an Lara hat sich einiges verändert. Während sie in "Underworld" noch sichtlich nach Puppe aussah, wirkt Ms. Croft nun deutlich lebensechter, realistischer und vor allem glaubwürdiger, was nicht zuletzt an der eklatanten Brustverkleinerung liegt.

Wie ein Stück Fleisch

Mit Blut und Fleischteilen wird im neuen "Tomb Raider" geradezu um sich geworfen

Kurze Zeit später wacht man in einer Höhle auf. Kopfüber an der Decke, neben unzähligen Leichen hängend, versteht sich. Ab hier beginnt das eigentliche Gameplay und man schleicht sich mit der bereits in ihren jungen Jahren sehr agilen Lara durch ein unwirtliches Höhlensystem. In diesen ersten Spielstunden, schöpft das Spiel viel aus der düsteren und vor allem brutalen Szenerie. Da der Spieler zu diesem Zeitpunkt noch keine Fähigkeiten ausgebaut hat, wirkt man hilflos und zusammen mit der beängstigenden Geräuschkulisse und einigen spannenden (, wenn auch gescripteten) Schockmomenten fühlt man sich doch stark an Neil Marshalls Survivalhorror "The Descent" erinnert. Ein Film, der im späteren Verlauf mit noch weiteren Zitaten Verwendung findet.
Dazu stimmt auch die Beleuchtung. Flackernde Fackeln, schwaches Licht aus Felsspalten, kleine Kerzen, auf gruseligen Altaren..... Die Atmosphäre stimmt von der ersten Minute an.

Ein Kotelett bitte !


Auch die nächsten zwei Stunden versprühen spannendes Survivalflair. Man entdeckt das erste Lager, jagt seine ersten Tiere, die von Lara noch betrauert werden und man verfolgt eine Spur von Leben. Dabei entdeckt man weitere Höhlen, die es ebenfalls in sich haben. Die eher untypische FSK-Freigabe "ab 18" scheint sich zu rechtfertigen, wenn man die folgende Komposition aus Fleischstücken und Blut begutachtet. In diesem Zusammenhang trifft man auch das erste mal auf Mathias, dessen Charakter gerade zu Beginn undurchsichtig erscheint, sich im Folgenden aber durch gelungene Cutscenes und auffindbare Dokumente entschlüsseln lässt. Generell sind die Charaktere ein wenig schablonenhaft/klischeehaft geraten. Wir haben den schottischen Säufer, einen Ersatzvater für Lara, die Skeptikerin, den Nerd....Das alles gab es so oder so bereits in unzähligen Varianten. Allerdings entdeckt man auf den zweiten Blick interessente Details, die sich in Form von Dokumenten, die auf der ganzen Insel verteilt liegen, zeigen. Oder wussten Sie,

//Achtung : Spoilergefahr//


dass Jonah als Kind, zusammen mit seinem Bruder oft von seinem cholerischen Vater geschlagen wurde und sich jedesmal an eine traumhafte Lagune gewünscht hat, von der ihm sein Bruder erzählt hat ?

//Spoilerende//

Solche Details werden in der Handlung eigentlich nicht thematisiert, lassen die Charaktere aber stellenweise lebendiger werden.


Von weich auf hart in weniger als 2 Stunden




Die Atmosphäre ist schön düster und dreckig
Nach diesem gemächlichen Start, wandelt sich der Titel allerdings zu einem eher actionlastigen Spiel. Mit der Einführung der Solarii verlischt auch Laras Zerbrechlichkeit und die Kampfamazone wütet wieder ähnlich blutig, wie in den Vorgängern. Diese Entwicklung geht ein wenig zu schnell vonstatten und wirkt angesichts der folgenden Actionsequenzen ein wenig widersprüchlich. Zwar kommentiert Lara das Geschehen immer mal wieder mit Gefühlsausbrüchen, doch das ändert nichts daran, dass die folgenden Blutbäder etwas langsamer eingeführt hätten werden können. Ich persönlich hätte jedenfalls gerne Laras weitere Schritte in Richtung Survival begleitet.

Dafür muss man aber zugute halten, dass das Motiv relativ simpel und effektiv ist. Lara muss sich wehren, um zu überleben und das Motiv der Rache sichert ihr diese zerstörerische Wut.
Selten sah man diesen eigentlich immer recht platten Charakter, derart authentisch und interessant, denn Lara muss ihre Taten auch das erste Mal vor sich selbst rechtfertigen. "Hätte ich die Mannschaft doch woanders hinführen sollen ?" . Diese und weitere Fragen stellt sie sich oftmals im Spiel und man fühlt, dass sich hier Schuldgefühle breitmachen.

Um nun aber den Faden nicht zu verlieren, geht es zurück zu den immerhin spielerisch schön abwechslungsreichen Schießereien. Im neuen Spiel darf man sich endlich eine Vorgehensweise aussuchen. Entweder wartet man ab und stößt sein Messer aus dem Hinterhalt hervor oder man schießt wild drauflos, wobei hier die ungewöhnliche Waffenvielfalt auffällt. Zwar gibt es insgesamt (und typisch für einen "Lara Croft" - Titel) nur fünf Waffen (Bogen, Gewehr, Pistole, Maschinengewehr, Axt), aber jede lässt sich im weiteren Spielverlauf ausbauen und verbessern. So erhält man irgendwann Feuermunition, Explosionspfeile usw. Diese Rollenspielelemente lockern das Gameplay gekonnt auf und motivieren zur Jagd auf Bergungsgut.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Gameplays sind aber auch die unzähligen Sprungpassagen, die immernoch genauso viel Spaß machen, wie in den Spielen zuvor. Man darf hohe Türme erklimmen, über tiefe Schluchten klettern und wunderbare Ausblicke genießen. Das Markenzeichen der Reihe wurde folglich bewahrt und erstrahlt mit der zeitgemäßen Grafik in neuem Glanz.

Nebenquests ala "Arcania"



Eines der nicht gerade zahlreichen Rätsel....
Neben der soliden und spannend inszenierten Handlung bietet "Tomb Raider" auch optionale Aufgaben an. Diese sind zum Einen popelige Rätsel in einer traurigerweise geringen Anzahl an Gräbern und zum Anderen diabloähnliche Sammelquests. Das bringt einige Probleme mit sich. So sind z.B. die Sammelaufträge ordentlich versteckt und man muss zuerst einmal herausfinden, was man denn nun eigentlich abbrennen/abschießen muss, um die "Quest" zu starten. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Gegenstände äußerst klein und unscheinbar in die Gebiete integriert sind. Das Schlimmste allerdings ist die Uninspiriertheit, mit der Eidos Interactive diese Sammelquests ins Spiel integriert, denn kein einziger Auftrag nimmt Bezug auf die Story bzw. Laras gegenwärtige Situation. Warum muss man Pilze sammeln ? Nein ! Nicht, um etwa Laras Überlebenschancen zu steigern und ihr Nahrung zuzuführen, sondern einfach nur, weil sich die Entwickler dachten man müsse die Spielzeit strecken. Das wäre definitiv besser gegangen !

Gut geklaut ist besser, als schlecht selber gemacht !

Aber dafür gibt es ja die Haupthandlung und diese kann sich definitiv sehen lassen, zitiert sie doch bei vielen bekannten Vorbildern. So z.B. kommt der aus "The Descent" bereits bekannte Blutfluss vor. Neben den auf den ersten Blick blass wirkenden Hauptcharakteren, glänzt "Tomb Raider", aber auch mit bombastischen Actioneinlagen und vielen gefährlichen Situationen, die es mit "Quick-Time"-Events zu bewältigen gilt, was man im Großen und Ganzen bereits aus "Uncharted" kennt. Diese Events sind hier allerdings stellenweise doof erklärt und führen wegen fehlender Tastenangabe oftmals zum Tod. Die Folge ist, dass man locker 20mal dieselbe Stelle spielen muss. Der bedrohliche Aspekt geht dadurch verloren.
Ein klein wenig enttäuschend kommt auch das aprupte Ende daher : Ein wenig zu klischeehaft und uninspiriert.
Im Großen und Ganzen ist die Story aber spannend und spornt zum Weiterspielen an.

Multiplayer bei Tomb Raider ?

Nach "Legends", das bereits eine kleine Mehrspielerkomponente besaß, kommt "Tomb Raider" nun mit einem vollwertigen 3rd-Person-Shooter Mulitplayer daher. Das Ergebnis macht ähnlich Spaß, wie "Uncharted 2 + 3" und kann durchaus mehrere Stunden fesseln. Für eine längere Zeitspanne fehlte es den Entwicklern aber an Ideen, die diesen Part des Spiels vom Masseneinerlei abheben.

Fazit

Nach 15 Stunden Spielzeit und einigen Multiplayermatches offenbart sich "Tomb Raider" als der wohl stärkste Titel seit "Legends". Der Neustart der Serie überzeugt mit guten Shootereinlagen, einer packend inszenierten Story, zeitgemäßer Grafik und den guten alten Klettereinlagen. Punktabzug gibt es für eine zu schnelle Charakterentwicklung, auf den ersten Blick blass wirkende Nebencharaktere, den zunehmenden Sammelwahn der Entwickler und das unbefriedigende Ende.
Wer also auf diese Mischung aus Survival und Action steht, der bekommt mit "Tomb Raider" genau das richtige Futter.

Bewertung :