Samstag, 2. Juli 2016

Filmkritik: "The Neon Demon"


Das Modelbusiness ist ein hartes Pflaster!
Man muss schlank sein, makellos, stark und vor allem jung.
Doch was macht man als Model, wenn die eigene Karriere ausläuft und ein neuer Star am Himmel erscheint ?
Meisterregisseur Nicolas Winding Refn, der mit dem modernen Kultfilm "Drive" seinen Durchbruch feierte, inszeniert in seinem neuen Film "The Neon Demon" eine Parabel auf das oberflächliche Modelbusiness.
Zynisch, schockierend, bitterböse und vor allem auch wunderschön. Doch wie auch das Modelbusiness bleibt Refn in seiner Erzählung oberflächlich und berauscht dafür mit prächtigen Bildern.

Jesse (grandios verführerisch: Elle Fanning) ist neu in Los Angeles und strebt mit ihren 16 Jahren bereits eine Modelkarriere an. Anschluss findet sie bei Stylistin Ruby (Jena Malone) und ihren Modelfreundinnen Sarah (Abbey Lee) und Gigi (Bella Heathcote), die allerdings bereits früh skeptisch gegenüber der Newcomerin auftreten. Bald bekommt Jesse die ersten Jobs und entdeckt mehr und mehr ihre verführerische Seite, ganz zum Nachteil von Ruby und den beiden Models, die daraufhin etliche Jobs verlieren. Das Konkurrenzdenken nimmt daraufhin dämonische Züge an.



Ein Film von NWR (wie er sich als Marke im Vorspann mittlerweile selbst etabliert) ist niemals leichte Kost. Es gibt nur wenige Regisseure, die ein derartiges Stilbewusstsein besitzen und dieses auch adequat auf die Leinwand transferieren können. Aber man muss sich auch darauf einlassen können, denn Refn spielt wie ein kleines Kind mit (Neon-)Farben, Formen und kreativen Kamerafahrten. Blau und Weiß als Symbole für Jesses Unschuld ziehen sich durch die erste Hälfte des Films, bis Jesse ihren inneren Dämon nach außen kehrt und blutrot das Geschehen dominiert. Refn zelebriert die Perfektion in jedem Bild. Makellos und wunderschön präsentiert sich der Film. Ganz so wie das thematisierte Modelgeschäft.

Das Spiel mit Formen und Farben beherrscht derzeit keiner so gut wie NWR!
Doch unter der schillernden Oberfläche bietet das Drehbuch, das der Regisseur zusammen mit seiner Frau verfasste, in der ersten Hälfte nicht mehr als leere Worthülsen.  
"Schönheit ist nicht alles, es ist das Einzige".
Refn wirft mit plakativen und drastischen Sätzen in seinen Dialogen um sich ohne sie jedoch erzählerisch mit der nötigen Tiefe zu versehen. Die Charaktere bleiben Abziehbildchen, die Models verkommen zu Puppen. Ganz wie in der Realität. In der zweiten Filmhälfte zieht Refn aber gekonnt an der Spannungskurve und es deutet sich so etwas wie eine Handlung an. Die gewohnte Eskalation kommt in Form eines bitterbösen Gewaltexzesses, der in seiner Inszenierung durchaus das Blut in den Adern gefrieren lässt. Hier zeigt sich der Horroranteil im Skript mehr als deutlich.

Die Konkurrenz schläft nicht!
Die treibenden Kräfte des Filmes sind dabei eindeutig die grandiose Elle Fanning und der pumpende elektronische Soundtrack von Cliff Martinez. Elle Fannings Verwandlung von der unschuldigen Schönheit zur verderbten Schönheitsgöttin ist jederzeit glaubwürdig und höchstgradig spannend. Mit ihrer Gestik und Mimik kann sie sich gegen die stilisierte Inszenierung jederzeit behaupten, während der Soundtrack ihr Treiben mehr als treffend untermalt. Refn arbeitet bereits seit "Drive" immer stärker mit Musik und so verwundert es auch hier nicht, dass Bild und Ton eine Melange eingehen, die man selten in einer derartigen Perfektion gesehen und gehört hat. Doch auch der Rest des Castes überzeugt restlos. Vor allem Jena Malone als mysteriöse Ruby und Keanu Reeves als widerwärtiger Motelbesitzer liefern einige wirklich beeindruckende Szenen ab.

Unschuldig oder doch nicht ? Elle Fanning verkörpert gekonnt den "Neon Demon"
Fazit: Nicolas Winding Refn konzentriert sich in seinem Horrorthriller "The Neon Demon" voll und ganz auf die Perfektion in Bild und Ton und vergisst dabei manchmal dem Geschehen ein spannendes Handlungsgerüst zu verpassen. Inszenatorisch wohl sein bis dato interessantestes Werk, allerdings weit entfernt vom emotionalen Punch seines Meisterwerkes "Drive".

Bewertung: