Donnerstag, 7. Januar 2016

Filmkritik: "Unfriend"


Mit "Unknown User" startete bereits im letzten Jahr ein Horrorthriller zum Thema "Facebook" und Internetnutzung. Es scheint, dass das Thema in einer Zeit, in der nahezu jeder mit einem Smartphone durch die Gegend rennt, immer interessanter wird. Vor allem, weil neben allen Vorteilen das Internet auch einige Gefahren mit sich bringt. In den letzten Jahren häuften sich Meldungen über Cybermobbing und dergleichen. "Unknown User" startete mit dieser Grundprämisse ein filmisches Experiment. Ein Film der nur auf einem Bildschirm spielt. Der Film punktete damit zwar mit kreativen Einfällen, doch auf 90 Minuten gesehen, gab es einfach zu viele Durchhänger. Besser macht es nun der deutsche Regisseur Simon Verhoeven, der mit "Unfriend" thematisch nachlegt. In Zusammenarbeit mit dem Produzententeam Wiedemann & Berg entstand so ein klassischer Horrofilm, der mit tadellosen Schockeffekten und interessanten Bildideen gespickt ist. Die konventionelle Handlung fällt dadurch weniger negativ auf.

Die Psychologiestudentin Laura steht mitten im Leben. Neben einer glücklichen Beziehung hat sie auch zahlreiche Facebookfreunde, die ihr hohes Ansehen untermauern. Als eines Tages die unscheinbare und einsam wirkende Marina in ihre Klasse kommt, hat Laura Mitleid mit ihr und fügt sie auf Facebook zu ihren Freunden hinzu. Doch die unscheinbare Marina wird immer komischer und Laura beendet die Facebookfreundschaft. Ein fataler Fehler wie sich herausstellt, denn Marina bringt sich am nächsten Tag um. Seitdem werden die Freunde von Albträumen geplagt und plötzlich sterben auch Lauras engste Freunde auf grausame Art und Weise. Was steckt dahinter ?

Das gruselige Profil von Marina beantwortet einige Fragen
Der Regisseur von "Männerherzen" beweist ein Gespür für Spannung und Suspense. Im Laufe der weitestgehend vorhersehbaren Handlung liefert Verhoeven einige sehr effektive und geschickt platzierte Jumpscares und etabliert eine schaurige Atmosphäre. Positiv hervorzuheben ist die Verknüpfung des Horrorplots mit kritischen Untertönen zum Thema Internetkonsum. Während Laura dem Geheimnis von Marina immer näher kommt, wird in eleganten Balken an der Seite des Bildes eingeblendet, wie viele Facebookfreunde ihr noch bleiben. Der Drang zur Selbstdarstellung der jungen Generation wird hier deutlich thematisiert. Noch besser gelingt das Verhoeven in einer Bildmontage, in der Lauras Charakter durch verschiedene Facebookposts etabliert wird. Das ist nicht nur elegant inszeniert, sondern zeigt eindrucksvoll, wie gläsern wir uns selbst in solchen Netzwerken präsentieren. Genau das wird auch Laura zum Verhängnis, denn Marina ist nahezu besessen vom Profil der jungen Frau.
Eine allzu realistische Situation, die zwar im Folgenden durch übernatürliche Elemente durchbrochen wird, aber dennoch eine reale Bedrohung erahnen lässt.


Die Handlung erweist sich dabei als sehr klassisch. Das Geheimnis von Marinas Identität ist zwar interessant gestaltet, aber die Dramaturgie kennt man bereits aus zahlreichen anderen Horrorfilmen. Zudem sind die Charaktere eher schwach ausgearbeitet. "Unfriend" zielt somit mehr auf äußere Spannung ab. Dies fällt insofern wenig negativ auf, da Verhoeven die einzelnen Todesszenen gekonnt inszeniert und den gängigen Klischees aus dem Weg geht. Hin und wieder spielt er sogar mit den Erwartungen der Zuschauer und durchbricht diese gekonnt. Erst gegen Ende liefert das Drehbuchteam, den ein oder anderen Twist, die aber immerhin sitzen und glaubwürdig präsentiert werden.

Welches Geheimnis steckt hinter der unheimlichen Marina ?

Auch schauspielerisch kann man sich nicht beschweren. Die Akteure spielen alle angenehm unaufdringlich und weitestgehend natürlich. Am meisten Präsenz erhält dabei natürlich Alycia Debnam-Carey, die als Laura im Laufe des Films dem Geheimnis von Marina immer näher kommt und dabei nahezu alle Freunde verliert. Die "Fear the Walking Dead" - Schauspielerin kann zwar ihrem Charakter auch nicht mehr abgewinnen, als das Drehbuch, aber dennoch fühlt man mit ihr. Der Rest des Castes ist dagegen nach dem Kinobesuch schnell wieder aus dem Gedächtnis gelöscht. Nicht, weil sie schlecht spielen würden, sondern vielmehr, weil ihre Charaktere nicht sonderlich prägnant sind.

Fazit: Simon Verhoevens "Unfriend" entpuppt sich als unterhaltsamer Gruselschocker, der vor allem durch seine Inszenierung viel an Atmosphäre gewinnt. Genrekino aus Deutschland sollte öfters so aussehen.

Bewertung:

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