Mittwoch, 16. November 2016

Filmkritik: "Before I Wake"


Wer kennt es nicht ?
Der Trailer verspricht kurzweilige und packende Unterhaltung, doch der fertige
Film ist dann das komplette Gegenteil. Hollywood arbeitet mit diesem Prinzip schon seit Ewigkeiten
und auch im Horrorbereich sind die Trailer zunehmends unglaubwürdiger.
Das beste Beispiel dafür stellt nun sicherlich "Before I Wake" dar.
Der Trailer zu Mike Flanagans übernatürlichem Traumhorror verspricht rasante und effektlastige Horrorunterhaltung, doch der eigentliche Film ist zum Glück weitaus mehr.
Nach dem ambitionierten "Oculus" liefert der Regisseur ein unaufgeregtes und dennoch unglaublich berührendes Horrordrama ab, das sich nicht vor dem ähnlich gelagerten "Babadook" verstecken muss.

Jessie (Kate Bosworth) und Mark (Thomas Jane) haben vor Kurzem ihren Sohn bei einem tragischen Unfall verloren.
Um der Trauerwelt zu entkommen, entschließt sich das Pärchen den kleinen Jungen Cody (Jacob Tremblay aus "Raum") zu adoptieren.
Was sie dabei nicht wissen: Alles was der kleine Mann träumt wird real. Doch was passiert, wenn der Kleine einen Albtraum hat ?

 
Jakob Tremblay wird man sicherlich noch häufiger sehen....
Regisseur Mike Flanagan hat bereits mit seinem direkten Vorgängerwerk "Oculus" bewiesen, dass er ein Händchen für Atmosphäre besitzt.
Diese Stärken konnte er zum Glück auch für "Before I Wake" einsetzen. Flanagan etabliert seine Charaktere sehr langsam, baut diese aber in wirklich berührenden Szenen aus.
Der Horroranteil ist dabei entgegen dem Trailer sehr gering. Vielmehr ist "Before I Wake" ein
Fantasydrama ganz in der Tradition von "Der Babadook". Wo der Konkurrent allerdings mit vielen albtraumhaften Szenen arbeitet, geht Flanagan seine Arbeit geerdeter an. Im Vordergrund steht jederzeit die Trauer von Jessie und Mark um ihren verstorbenen Sohn. Erst durch Codys Träume kann dieser wieder kurzzeitig zurückkehren, was die Eltern natürlich sofort aus der Bahn wirft.

Die Trauer um den verlorenen Sohn ist allgegenwärtig....
Codys Träume stehen dabei metaphorisch für die Sehnsucht nach dem Vergangenen. Mit dieser Sehnsucht haben alle Charaktere im Film zu kämpfen.
Flanagan findet dafür tieftraurige Szenen. Selbst die Inszenierung ist für einen Horrorfilm erstaunlich warm und stellenweise sogar ausgesprochen bunt.
Nichtsdestotrotz gibt es auch in "Before I Wake" einige Schockmomente. Zwar setzt der Regisseur hierbei auf viel Altbewährtes, aber die Mischung aus Drama und minimalem Horroranteil geht konsequent auf. Die Story findet dazu auch ein konsequentes Ende, was das Geschehen abrundet.

Gegruselt werden darf natürlich auch, besonders wenn der schaurige Kreuzmann in Codys Träumen auftaucht.
Für derartige Themen benötigt es natürlich fähige Schauspieler und diese liefern allesamt passable Leistungen ab. Kate Bosworth überzeugt als trauernde Mutter genauso wie Thomas Jane als ihr Lebensgefährte Mark. Am Meisten ragt aber natürlich Cody-Darsteller Jacob Tremblay hervor.
Der kleine Junge, der für seine Rolle im Drama "Raum" etliche Kritiker und auch das Publikum begeistern konnte, spielt Cody mit der nötigen Portion Verschlossenheit.


Was hier wohl vor sich geht ?
Fazit: Insgesamt ist "Before I Wake" ein überraschend intimes Fantasydrama, das vor allem mit seinen Darstellern und der ruhigen Inszenierung punktet.
Mike Flanagan empfiehlt sich damit weiterhin für kreative Horrorprojekte.

Bewertung: